Behandlungsfall GOÄ, Definition, Dauer
Der Behandlungsfall nach GOÄ ist eine Beschränkungsregel, um in der Privatabrechnung die Mehrfachabrechnung tatsächlich erbrachter Leistungen zu kappen. Zum Beispiel regelt Abschnitt B Nr. 2 der GOÄ, dass Leistungen nach den Nummern 1 und/oder 5 neben den Leistungen aus dem Abschnitt C-O im Behandlungsfall nur einmal abrechenbar sind.
Als Behandlungsfall gilt die Spanne von einem Monat ab der ersten Inanspruchnahme desselben Arztes oder Ärztin für dieselbe Erkrankung, Abschnitt B 1) GOÄ. Es gilt also eine andere Zeitspanne als bei der Einordnung des Behandlungsfalls nach EBM (Quartal)!
Der Behandlungsfall im Sinne der GOÄ ist deutlich kürzer als nach dem EBM. Das bedeutet, dass Leistungen in kürzeren Taktungen abgerechnet werden können.
Konkretes Beispiel: Die Leistungen der Ziffern 1 und/oder 5 können nach Monatsablauf erneut berechnet werden, zusammen mit weiteren Positionen der Abschnitte C bis O.
Es macht sich also auf der Honorarseite sofort bemerkbar, wenn eine Leistung nicht nur quartalsweise abgerechnet werden kann, sondern bereits nach Ablauf eines Monates.
Behandlungsfall Dauer
Der Monat wird nach § 188 Absatz 2 BGB nicht als 4 Wochen gerechnet, sondern es gilt die 1+1-Regel: Der neue Behandlungsfall beginnt, wenn sich der Kalenderzähler um jeweils 1 erhöht hat:
Erste Inanspruchnahme | Beginn neuer Behandlungsfall |
14.03.2019 | 15.04.2019 |
01.09.2019 | 02.10.2019 |
Würde die GOÄ-Regelung auf „4 Wochen“ lauten, würde der neue Behandlungsfall im ersten Beispiel schon am 12.04.2019 beginnen, also drei Tage früher. Die Monats-Spanne dauert hier also länger.
Das ist einleuchtend, weil das Jahr 12 Monate und dabei 52 Wochen umfasst. Das bedeutet rechnerisch 4,33 Wochen je Monat.
Der Behandlungsfall in der GOÄ bezeichnet also etwas deutlich anderes als der Behandlungsfall nach dem EBM (=ein Patient, ein Quartal).
Eine Ziffer kann also durchaus zweimal im Kalendermonat abgerechnet werden, wenn der Behandlungsfall für die Erkrankung in diesem Monat endet und der Arzt oder die Ärztin zur gleichen Erkrankung erneut behandelt.
Desselben Arztes
Der Behandlungsfall bezieht sich auf das Inanspruchnehmen desselben Arztes oder Ärztin. Sucht also der Patient oder die Pateintin in der Monatsfrist denselben Arzt bzw. dieselbe Ärztin mit gleichem Beschwerdebild erneut auf, greift diese Abrechnungsbeschränkung: Auch wenn die Leistung erbracht ist, kann sie nicht berechnet werden, wenn die GOÄ regelt „nur einmal im Behandlungsfall“. Gleiches gilt, wenn zwar unterschiedliche Ärzte:innen aufgesucht werden, diese aber Partner:in in einer Gemeinschaftspraxis gleicher Fachrichtung sind. Dies gilt als „derselbe Arzt bzw. Ärztin“.
Patient… | Derselbe Arzt? |
wechselt in neue Einzelpraxis / neue Gemeinschaftspraxis | nein, also neuer Behandlungsfall |
wechselt den Arzt bzw. die Ärztin innerhalb einer Praxisgemeinschaft | nein, also neuer Behandlungsfall |
wechselt den Arzt bzw. Ärztin innerhalb der Gemeinschaftspraxis (gleiche bzw. ähnliche Fachrichtung, z.B. innere Medizin und Allgemeinmedizin) | ja, also kein neuer Behandlungsfall |
wechselt den Arzt bzw. Ärztin innerhalb einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis | nein, also neuer Behandlungsfall |
Dieselbe Erkrankung
Wenn der Patient oder die Patientin sich mit derselben Erkrankung in der Monatsfrist vorstellt, gilt das als derselbe Behandlungsfall. Stellt er sich mit einer neuen Erkrankung vor, liegt auch eine neuer Behandlungsfall vor. Jeder Behandlungsfall löst unterschiedlich laufende Monatsfristen aus. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn sich der Patient am 15.09. mit einer Bronchitis vorstellt und am 21.09. mit einer Platzwunde.
Aber ein neuer Behandlungsfall kann auch dann vorliegen, wenn dieselbe Erkrankung sich so verschlimmert, dass sie sich vom ursprünglichen Beschwerdebild deutlich abhebt. Dabei kommt es auf den Einzelfall an:
Befund 05.05.2020 | Befund 19.05.2020 | Behandlungsfall |
Schnittwunde | versorgte Schnittwunde hat sich infiziert | derselbe Behandlungsfall |
Leiden an Nierensteinen | Nierenkolik | neuer Behandlungsfall |
Herzflimmern | Verdacht auf Herzinfarkt | neuer Behandlungsfall |
Diagnose Arteriosklerose | transitorisch ischämische Attacke | neuer Behandlungsfall |
Diagnose Diabetes mellitus | Polyneuropathie | neuer Behandlungsfall |
Damit es keine Beanstandung durch Kostenträger mit Verweis auf „dieselbe Erkrankung“ gibt, sollte der neue Behandlungsfall in der Diagnose der Rechnungstellung vermerkt werden. Dazu genügt das Kürzel „N.B.“ oder Sie notieren ganz ausführlich „neuer Behandlungsfall“.
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