GOÄ Ziffer 100, 101 und 102 - Leichenschau richtig abrechnen
INHALT
Neue Abrechnung der Leichenschau – über lange Jahre wurde kritisiert, dass die Leichenschau in der Privatabrechnung nach der GOÄ zu gering honoriert sei. Die alte GOÄ Ziffer 100 war beim Faktor 2,3 mit 33,52 € vergütet. Das war sicher deutlich niedrig. Eine Zeitlang wurde teilweise noch die zusätzliche Abrechnung der Besuchsgebühr nach GOÄ Ziffer 50 empfohlen, so dass auch die Zuschläge E, F, G und H möglich waren. Diese Auslegung konnte sich jedoch nicht durchsetzen.
Die GOÄ Ziffer 100 hatte hohe berufspolitische Präsenz – sie war Thema auf Ärztetagen. Auf dem Bundesärztetag 2015 forderten die Delegierten mit großer Mehrheit, die Leichenschau ganz aus dem GOÄ-Novellierungsverfahren auszugliedern und ‚zur Abrechnung freizugeben‘ (Ärzte Zeitung).
Zum 01.01.2020 ist nun die 5. Verordnung zur Änderung der GOÄ in Kraft getreten. Wie genau wird jetzt aktuell die Leichenschau abgerechnet?
Das Wichtigste in Kürze zur Abrechnung Leichenschau
- es gelten Mindestzeiten
- eine Steigerung über den Faktor ist nicht mehr möglich
- Bestandteil der Leistung sind ggf. erforderliches Aktenstudium, das Einholen weiterer Auskünfte und der Besuch
- eine Teil-Leistung kann zu 60% berechnet werden
- Zuschläge F-H dürfen jetzt berechnet werden
- Reiseentschädigung nach § 9 GOÄ mit Abwesenheitsentschädigung ist ansetzbar
- neuer Zuschlag Ziffer 102
Die Legendentexte
Ziffer | Legende | Punkte | Betrag |
100 |
Untersuchung eines Toten und Ausstellung einer vorläufigen Todesbescheinigung gemäß landesrechtlicher Bestimmungen, gegebenenfalls einschließlich Aktenstudium und Einholung von Auskünften bei Angehörigen, vorbehandelnden Ärzten und Ärztinnen, Krankenhäuser und Pflegediensten (Dauer mindestens 20 Minuten), gegebenenfalls einschließlich Aufsuchen (vorläufige Leichenschau). Dauert die Leistung nach Nummer 100 weniger als 20 Minuten (ohne Aufsuchen), mindestens aber 10 Minuten (ohne Aufsuchen) sind 60 Prozent der Gebühr zu berechnen.
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1896 | 110,51 € |
100 zu 60% |
< 20 Minuten, >10 Minuten
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66,31 € | |
101 | Eingehende Untersuchung eines Toten und Ausstellung einer Todesbescheinigung, einschließlich Angaben zu Todesart und Todesursache gemäß landesrechtlichen Bestimmungen, ggf. einschließlich Aktenstudium und Einholung von Auskünften bei Angehörigen, vorbehandelnden Ärzten:innen, Krankenhäusern und Pflegediensten (Dauer mindestens 40 Minuten), ggf. einschließlich Aufsuchen (eingehende Leichenschau).
Dauert die Leistung nach Nummer 101 weniger als 40 Minuten (ohne Aufsuchen), mindestens aber 20 Minuten (ohne Aufsuchen), sind 60 Prozent der Gebühr zu berechnen. |
2844 | 165,77 € |
101 zu 60 % | <40 Minuten, >20 Minuten | 99,46 € | |
102 | Zuschlag zu den Leistungen nach den Nummern 100 und 101 bei unbekannter Leiche und/oder besonderen Todesumständen (zusätzliche Dauer mindestens 10 Minuten). | 474 | 27,63 € |
Mindestzeiten bei der Leichenschau
Die neuen Mindestzeiten wurden vom Verordnungsgeber begründet mit den Durchschnittszeiten bei einem leitliniengerechten Vorgehen.
- Eine dem Arzt unbekannte Leiche und/oder besondere Todesumstände
- eine zusätzliche Dauer hierdurch von mindestens 10 Minuten.
Liegt also eine oder liegen beide Voraussetzungen der 1. vor, hat sich aber der Gesamtaufwand um lediglich 5 Minuten erhöht, weil die Identität in dieser Zeit geklärt werden konnte (Dokumente in der Häuslichkeit oder im Pflegeheim), kann die Ziffer 102 nicht angesetzt werden.
Fahrtzeiten
Zuschläge
Zuschlag | Leistung | Wert |
F | Leistungszeit 20-22 Uhr oder 6-8 Uhr | 15,15 € |
G | Leistungszeit 22-6 Uhr | 26,23 € |
H | Samstag, Sonntag oder Feiertag | 19,82 € |
Wegegeld
Das Wegegeld nicht vergessen! Der Verordnungsgeber hat in B VII) ausdrücklich bestätigt, dass Wegegeld berechnet werden kann:
KM Radius um die Praxisstelle | Tag | Nacht (20-8 Uhr) |
bis zu 2 Km | 3,58 € | 7,16 € |
2-5 Km | 6,65 € | 10,23 € |
5-10 Km | 10,23 | 15,34 € |
10-25 Km | 15,34 € | 25,56 € |
Reiseentschädigung – KM-Satz und Abwesenheit!
Nach der neuen Regelung kann jetzt auch die Reiseentschädigung nach § 9 GOÄ berechnet werden, die sonst nur bei Besuchen ansetzbar war.
Für Strecken über 25 Km gilt damit ein Satz von 0,26 €/Km bei eigenem Kfz oder die tatsächlichen Aufwendungen bei anderen Verkehrsmitteln. Bei Abwesenheit bis zu 8 Stunden können 51,13 € berechnet werden, über 8 Stunden 102,25 €. Ist also die Länge von 25 km für die einfache Strecke überschritten (Öffnung für Reiseentschädigung und damit auch das Abwesenheitsgeld), kann immer auch mindestens der Betrag von 51,13 € berechnet werden.
Beim Wegegeld bleibt es bei der Regelung, dass je nach Startpunkt gerechnet wird, d.h. von der Wohnung des Arztes oder der Ärztin oder seiner Praxisstelle. Es muss also nicht der kürzere Weg berechnet werden, nur der konkret gefahrene.
Achten Sie bitte darauf, ob das Wegegeld nach § 8 GOÄ einen höheren Wert ergibt oder die Reiseerstattung nach § 9 GOÄ in Verbindung mit der Entschädigung für Abwesenheit!
Kostenerstattung
Es bleibt weiter dabei, dass die Kosten für die Leichenschau von der PKV nicht erstattet werden, weil das Versicherungsverhältnis mit dem Tod endet.
Ausschlüsse
Hausbesuche sowie Besuche auf einer Pflegestation (Leistungen nach den Nummern 48 bis 52) können nicht neben Ziffer 100 oder Ziffer 101 berechnet werden. Der Verordnungsgeber begründet dies damit, dass das Aufsuchen sich mit den Besuchsleistungen überschneidet.
Die Ziffer 100 kann nicht neben der Ziffer 101 berechnet werden. Es soll vermieden werden, dass durch denselben Arzt oder der Ärztin zunächst eine vorläufige und dann ohne eine erhebliche zeitliche Unterbrechung, die insbesondere ein erneutes Aufsuchen erforderlich macht, eine eingehende Leichenschau durchgeführt und berechnet wird.
Abrechnungsbeispiel Leichenschau
Hier ist der Vergleich für die Abrechnung für eine
- überdurchschnittlich aufwendige Leichenschau über 35 Minuten
- an einem unbekannten Toten, so dass sich hierdurch ein zusätzlicher Zeitaufwand von 15 Minuten ergibt
- an einem Samstag um 22.30 Uhr
- 35 Km 1 Fahrt vom Wohnsitz des Arztes
Jahr | Ziffer | Faktor | Betrag | Zuschläge | Km | Summe |
bis 2019 | 100 | 3,5 | 51,00 € | nein | Wegegeld
25,56 € |
76,56 € |
ab 2020 | 101 | 60 % | 99,46 € |
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Reiseentschädigung
35 km x 2 = 70 km x 0,26 € = 18,20 € plus Abwesenheit von bis zu 8 Stunden = 51,13 € = 69,33 € in Summe Reiseentschädigung |
242,47 € |
Im Beispielsfall ist das Honorar also um das 3-fache (!) aufgewertet worden.
Und es zeigt sich, dass Details wie Zuschläge und Wegegeld in der Privatabrechnung weiterhin wichtig bleiben.
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